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(Tyto alba) --- Vogel des Jahres 1977

Lautlos gleitet die hell gefiederte Eule durch die Dunkelheit, die von der Kälte der schwindenden Nacht erfüllt ist, ein Anblick von geisterhafter Eleganz. Ihre langen, vorn abgerundeten Flügel und der ebenfalls runde, am Gesicht seltsam flach aussehende Kopf geben dem Vogel Ähnlichkeit mit einem riesigen Nachtschmetterling. So sehr dämpfen Fransenleisten an den Schwungfedern das Geräusch des langsamen, flach schöpfenden Flügelschlages, dass die Eule unstofflich und kör-perlos erscheint. Ein paar Flügelschläge, und der Glücksfall dieser seltenen Begegnung ist für den Beobachter wieder vorbei. Wie mag sich für die Schleiereule das Jagdglück in dieser Nacht ent-schieden haben? Wohin wird sie sich vor dem Tag zurückziehen, wenn die Greifvögel die Schicht übernehmen?

Foto: Gerd Wellner

Weiche, anmutige Gefiederfarben und anatomische Exotik ver-binden sich am Körperdesign der Schleiereule zu einer eigen-tümlichen Eleganz, ähnlich rätselhaft und faszinierend wie bei Katzen. Das in der Grundtönung weißliche Gefieder ist auf dem Scheitel, dem Rücken und den Flügeldecken von einem kupfer-roten Orange, über das eine feine blauschwarze Sprenkelung wie Mohnzucker und ein paar dazwischen verteilte winzige Augen-flecken gestreut sind. Weit auseinander gezogene dunkle Tüpfel schwärmen auch über das rostrote Brustband, den schlohweißen Bauch und bis zum Ansatz der ebenfalls weißen Beinbefederung, die den langen Gliedern anliegt wie Seidenstrümpfe. Die Schwingen verdecken angelegt den Schwanz und runden die taubengroße Eulengestalt zur Keil-form ab. Gleichsam das Gegengewicht setzt dazu der große Kopf, der um die schwarzen Augen zu zwei halbkreisförmigen Mulden vertieft scheint. An der steifen Federleiste des Schnabelrückens treffen sich die Gesichtshälften zur herzförmigen Eulenmaske.

Schleiereule, LBV Vogelstation Regenstauf / Auffangstation für verletzte Greifvögel, Foto: G. Wellner


Das hörende Gesicht

Im Profil zeigt die Kopffront besonders deutlich ihre Parabolschüssel-Form. Wer bei der Betrach-tung des Eulengesichtes die unterbewusste Anwandlung verspürt hat, da blicke ein Abhorchgerät ihn an, der liegt richtig: Hinter dem weißen Schleier verbirgt sich wie bei allen Eulen eine nach in-nen versetzte große Ohrmuschel. Wie eine Teleskopschüssel leitet der Maskentrichter den Schall ans Ohr, sodass die Schleiereule noch aus 200 Metern Entfernung das Rascheln einer Maus wahrnehmen kann. Außerdem liegen die Hemisphären nicht achsensymmetrisch auf den Seiten des Schnabelrückens, sondern vertikal ein wenig versetzt. Dies verfeinert das Richtungshören. Mehr noch als die nachsichtigen Augen machen die empfindlichen Ohren für die Beutetiere den Schutz der Dunkelheit zunichte. Indessen verheimlicht der schallgedämpfte Flug dem Opfer den heranschwebenden Tod, die Annäherung der nadelscharfen Krallen.

Foto: Hans-Wilhelm Grömping, fotocommunity.de, fc-foto 3471542 *


Verbreitung: Weltbürger Schleiereule

Die Schleiereule gehört zu den verbreitetsten Vogelarten der Welt. In mehr als zwanzig Unterarten bewohnt sie Eurasien, Afrika, Australien, Nord- und Südamerika, wobei der afrikanische Kontinent den größten Flächenanteil einnimmt. Dennoch hat jeder Erdteil und jede Region ihre besondere Verantwortung für den Kosmopoliten Schleiereule, zumal für die verschiedenen Unterarten, die sich in Färbung und Zeichnung deutlich voneinander unterscheiden können.

In Deutschland spart das ansonsten ebenfalls weiträumige Verbreitungsbild das Alpenvorland aus. Erst nördlich von München beginnt das Gebiet mit regelmäßigerer Brutverbreitung. Als wär-meliebende Art, deren Körper über die langen, dünn befederten Beine leicht zusätzliche Wärme verliert, stößt die Schleiereule in den gemäßigten Breiten ab etwa 500 Metern Meereshöhe an ihre klimatischen Grenzen. Sie meidet Gebiete mit über 40 Schneetagen im Jahresdurchschnitt, da vor allem die Altvögel das ganze Jahr über im Brutrevier bleiben und somit auf ganzjährig gute Le-bensbedingungen angewiesen sind. Schneereiche Winter sorgen für hohe Sterblichkeit bei den Altvögeln, die ja für die Reproduktion im nächsten Frühjahr wichtig sind.

Ob die Ausbreitung vom Klimawandel profitiert, muss sich erst zeigen. Längere, wärmere und trockenere Sommer allein nützen der Schleiereule nichts, solang sie keine Nistmöglichkeiten und das Nahrungsangebot einer reich strukturierten Agrarlandschaft vorfindet.

Lebensraum: Nachbar Schleiereule

Wie Haussperling, Schwalben, Dohle und Turmfalke gehört die Schleiereule seit jeher zur gefie-derten Nachbarschaft in Dörfern und Kleinstädten. Vor allem die Ortsränder mit traditionellen bäuerlichen Landschaftselementen, wie Obstwiesen, Feldrainen, Teichen, unbegradigten Wegen und reich bewachsenen Grabenrändern, halten eine große Zahl von Mäusen und anderen Klein-tieren für die Schleiereulen bereit. Ins Streifgebiet des hübschen Nachtvogels sind Gebäude-brutplätze und nahe gelegene Jagdflächen eingemeindet.

Die Schleiereule ist in Deutschland ebenso auf Gebäude angewiesen wie Mauersegler und Dohle. In südlichen Ländern bewohnt sie auch natürliche Felshöhlen, in Mitteleuropa ausgehöhlte Stäm-me von Streuobstbäumen, die aber fast überall dem kommerziellen Obstanbau gewichen sind.

Hauptsächlich brüten unsere Schleiereulen in Mauerschächten von Burg- und Kirchtürmen, was ihnen den volkstümlichen Namen „Kirchturmeule“ eingebracht hat, in Scheunen und Dachböden. Manches alte Bauernhaus bezeugt mit dem „Eulenloch“ im Giebel noch die vergangene Tradition, die Mäusejäger gezielt in der Nähe der Felder anzusiedeln. Inzwischen ist die Symbiose von Landwirt und Schleiereule vielerorts aufgegeben. Die Monotonisierung der Agrarlandschaft, die einen starken Rückgang selbst der Feldmäuse bewirkt hat, scheint die gefiederten Helfer ohnehin überflüssig gemacht zu haben.

Nahrung

LBV-Archiv-Bild 796

Mäuse verschiedener Arten stehen auf dem Speiseplan an wich-tigster Stelle. In guten Mäusejahren können die Eulen zwei bis drei Bruten aufziehen; in schlechten setzen sie mitunter die Fort-pflanzung aus. Neben Nagetieren werden auch andere Kleinsäu-ger bis zur Größe eines Mauswiesels erbeutet, außerdem Ei-dechsen (wenn die Eulen in den kurzen Hochsommernächten schon in der frühen Abenddämmerung auf Beutefang fliegen) und Großinsekten.
In einzelnen Fällen erschließen sich die Schleiereulen opportu-nistisch eine ausgefallenere Nahrungsquelle. So krallen sie sich an den Nestern der Mehlschwalben fest und versuchen, die Nestjungen oder übernachtende Altvögel herauszuziehen.

Fortpflanzung

Die Brutzeit beginnt Ende April/Anfang Mai und kann sich bei zwei Aufzuchtszyklen bis in den Au-gust hinziehen. Beide Eltern bebrüten abwechselnd die vier bis sechs Eier, deren Zahl sich nach dem Mäuseangebot und der Kondition des Weibchens richtet. Tage vor dem Schlüpfen kündigt sich das Junge durch piepsende Laute an und veranlasst die Mutter, ihm beim Ausbruch in die Welt zu helfen. Immer wieder dreht das Weibchen das Ei mit dem Schnabel so, dass das Pickloch oben liegt und das Eulenküken nicht durch den Nestboden behindert wird.

Die Eier werden wie bei den Turmfalken im Abstand von zwei bis vier Tagen gelegt. Anders als das Turmfalkenweibchen, das erst ab dem letzten Ei fest zu brüten beginnt und so für eine relativ syn-chrone Entwicklung der Küken sorgt, hudern die Schleiereulen ihr Gelege sofort. Deshalb sitzt eine Jungenschar im „Orgelpfeifen-Look“ in der Nisthöhle, von halbfertigen Nesthäkchen bis hin zu fast flüggen Ebenbildern ihrer Eltern, die unablässig Mäuse und andere Beute heran schaffen. Da der Gesichtsschleier bei den frisch geschlüpften Jungen noch nicht ausgebildet ist, sehen ihre Ge-sichter eigentümlich nackt aus. Erst später wächst die schallbündelnde Maske über das knochig-nackte Gesicht. Während junge Waldkäuze und Waldohreulen eine lange Zeit als flugunfähige, aber nestflüchtige Ästlinge verbringen, verlassen Schleiereulen ihre oft schwer zugänglichen Nist-plätze notwendigerweise schon in weit entwickeltem Zustand. Nach sechzig bis siebzig Tagen sind sie flügge und werden noch einige Wochen lang von den Eltern gefüttert.

Schutzmaßnahmen

Als fast ausschließliche Gebäudebrüter leiden auch Schleiereulen darunter, dass immer mehr traditionelle Einflüge verschlossen werden. Mit der Montage spezieller Nistkästen, die bei etwas handwerklichem Geschick nicht schwer zu bauen sind, können sie jedoch an Scheunen und Kirchtürmen problemlos angesiedelt werden.

Ein Schleiereulenkasten misst etwa 100 mal 60 cm in der Länge und Breite sowie 50 cm in der Höhe. Das auf 14 mal 18 cm ausgesägte, versetzte Loch wird hinter einer Sägeöffnung in der Giebelwand der Scheune oder hinter einem Mauerschacht des Kirchturms angebracht (s. Artikel Dohle bzw. Turmfalke). Auch hinter dem Giebel eines Wohnhauses und in den obersten Dämm-platten kann der hermetisch gegen das Gebäudeinnere geschlossene Kasten mitunter montiert werden.

Damit es der nachtaktive Vogel tagsüber in seiner Kunsthöhle dunkel hat, wird ein kürzerer Vor-raum hinter dem Einflugloch durch eine Trennwand mit Durchlass vom wesentlich geräumigeren Brutbereich getrennt. Die großen Maße tragen auch dem Heranwachsen der manchmal kinder-reichen Brut Rechnung. Die Jungvögel sollten im Kasten Platz haben, um vor dem Ausfliegen wenigstens ihre Brustmuskeln durch Recken und Schlagen der Flügel zu kräftigen.

Bauanleitungen für Schleiereulen-Kästen finden sich unter
» www.nabu.de/vogelschutz/nisthilfen/schleiereule.pdf
» www.schleiereulen-in-schaumburg.de/kasten.htm

Eine weitere Parallele zu den Turmfalken besteht darin, dass Schleiereulen kein eigenes Nest bauen. Für den Bruterfolg ist auch bei ihnen eine ausreichend hohe Kasten-Einstreu notwendig, die den Eiern beim Wenden mit dem Schnabel Halt gegen das Wegrollen spendet und sie vor Schalenbrüchen schützt. Der Kastenboden sollte annähernd handhoch mit der Streuschicht bedeckt sein.

Als Eulen- und Falken-Einstreu wird häufig feineres Sägemehl empfohlen. Bleibt dieses an den Dunen der Jungen kleben und ein Altvogel versucht, seinen Sprössling zu säubern, kann er ihn jedoch mit dem scharfen Schnabel verletzen. Wenn dabei Blut fließt, nimmt das Junge für den Elternvogel Beutetönung an und riskiert, getötet und gefressen oder an seine Geschwister ver-füttert zu werden. Deshalb ist Rindenmulch aus dem Gartenfachhandel das noch geeignetere Material. Vor dem Einstreuen muss er aber in einem flachen offenen Gefäß trocknen, um im Kasten nicht so feucht zu bleiben wie in der Verpackung.

Der Schleiereulen-Kasten sollte in mindestens drei Metern Höhe angebracht werden, um vor Mardern sicher zu sein. In einer Scheune, die von einer Seite offen ist, kann die Behausung auf einem Tragbalken unter dem Dach stehen. Dann bleibt den Eulen die klassische Einflugsituation. Die noch nicht flüggen Jungen können vom Nistkasten ins Scheunengebälk wechseln und dort ihre Flugfähigkeit zu Ende trainieren.

Schleiereulen benötigen einen freien Anflug. Deshalb darf das Eulenloch nicht durch Bäume oder ein zu niedrig darunter ansetzendes Vordach verstellt sein, das außerdem Nestfeinden den Weg erleichtern würde. Auch ist darauf zu achten, dass das Schleiereulen-Zuhause nicht im Lichtbe-reich eines Bewegungsmelders liegt.


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